Orientierung auf dem Elektronik-Graumarkt
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(Bildquelle: Yi_Studio/Stock.adobe.com; KI-generiert)
Veröffentlicht am 20. Juni 2024
Stellen Sie sich vor, bei einem großen Gesundheitsdienstleister kommt es während einer routinemäßigen Geräteaktualisierung zu einem kritischen Systemausfall. Stellen Sie sich nun vor, dass die Ursache für den Ausfall darin besteht, dass kritische Bauteile von Graumarktanbietern bezogen wurden. Diese Bauteile wiesen Schwachstellen auf, die bis zu ihrem Auftreten nicht zu erkennen waren. Sie wurden nicht ordnungsgemäß validiert und geprüft, oder wurden manipuliert.
Ein Vorfall wie dieser könnte zu direkten Reparaturkosten in Millionenhöhe führen und sensible Patientendaten offenlegen. Dieser Vorfall ist zwar fiktiv, aber derartige Ereignisse kommen ständig vor. Dies ist nur ein einfaches Beispiel für die harte Realität, mit der viele Unternehmen konfrontiert werden, wenn sie versuchen, durch den Kauf von Graumarkt-Bauteilen Kosten zu sparen.
Was ist Graumarkt-Elektronik?
Als Graumarkt-Elektronik werden Produkte bezeichnet, die über Kanäle verkauft werden, die zwar legal sind, aber vom ursprünglichen Hersteller nicht autorisiert oder nicht beabsichtigt wurden. In vielen Fällen sind diese Produkte echt, nur nicht auf dem vorgesehenen Markt, was zu Abweichungen bei technischen Daten, Garantien und Support führt. Ohne ordnungsgemäße Kontrollen im Vertrieb und im Einkauf könnten Bauteile vom Graumarkt in der Elektronik-Lieferkette überhand nehmen und sich auf alle Branchen auswirken, von der Unterhaltungselektronik bis zur Industrie.
Wir hören so viel über die Risiken, die mit gefälschten Bauteilen verbunden sind, und auch Graumarkt-Bauteile bergen häufig ein Risiko. Doch warum ist das so? Vor allem, weil es sich bei dieser Elektronik oft um augenscheinlich ganz legale Produkte handelt. Das Problem besteht darin, dass sie auf Wegen vertrieben werden, die der ursprüngliche Hersteller nicht autorisiert hat, was bedeutet, dass diese Bauteile auf dem Weg kompromittiert werden können.
Eine gängige Praxis auf dem Graumarkt besteht darin, ICs oder Chips neu zu beschriften, um sie als Versionen mit höherer Leistung zu verkaufen. Ein Verkäufer kann zum Beispiel minderwertige oder veraltete ICs nehmen und sie so verändern, dass sie hochwertige Versionen imitieren. So kann es sein, dass die ursprüngliche Kennzeichnung auf dem Chip gelöscht und dann mit einem Laser eine neue, falsche Kennung eingeätzt wird, die den Eindruck erweckt, der Chip sei ein neueres oder leistungsfähigeres Modell. Diese ICs sind zwar „echt“, werden aber zu einem hohen Preis verkauft, was zu Ausfällen bei kritischen Applikationen führen kann, insbesondere in Branchen wie der Luft- und Raumfahrt oder der Medizin, wo Zuverlässigkeit über Leben und Tod entscheidet.
Oder ein nicht autorisierter Distributor verkauft optische Transceiver mit geringerer Leistung, die verändert oder als neu und mit hoher Leistung ausgegeben wurden. Vielleicht hat der Verkäufer die elektronische Platine im Inneren des Gehäuses ausgetauscht oder einfach die Etiketten geändert, um den Anschein zu erwecken, dass das Bauteil eine höhere Datenrate hat. Diese manipulierten Bauteile werden dann zu niedrigeren Kosten verkauft, und die Käufer glauben, sie könnten mehr Daten oder höhere Geschwindigkeiten verarbeiten.
Graumarkt-Quellen
Die meisten Elektronikprodukte für den Graumarkt stammen von nicht autorisierten Distributoren, die mitunter Überbestände aus anderen Regionen aufkaufen oder Produkte in Märkten verkaufen, für die sie keine Rechte besitzen. Auch Lagerverkäufe und Parallelimporte tragen zum Graumarkt bei, indem Produkte, die für eine Region bestimmt sind, ohne Zustimmung des Herstellers in eine andere Region eingeführt werden.
Diese Produkte sind jedoch nicht das Einzige, was ein „Graubereich“ ist. Die Legalität von Bauteilen auf dem Graumarkt bringt neue Komplexitäten und Unsicherheiten mit sich. Sie sind zwar technisch gesehen nicht illegal, aber sie werden nicht in einer bestimmten Weise unterstützt oder für den Verkauf zugelassen, was zu einem ethischen Dilemma für Käufer und Verkäufer in Bezug auf Garantien, Unterstützung und den Ruf der Marke führt.
Risiken im Zusammenhang mit Graumarkt-Elektronik
Da der Markt, die ethischen und die rechtlichen Aspekte dieser Produkte alle im Graubereich liegen, sind mit diesen Bauteilen ernsthafte Risiken verbunden.
Qualitäts- und Zuverlässigkeitsprobleme
Wenn Bauteile ordnungsgemäß über die richtigen Kanäle verkauft werden, unterliegen sie strengen, vom Hersteller festgelegten Standards, aber Elektronik vom Graumarkt entspricht diesen möglicherweise nicht. Diese Produkte können veraltet oder nicht für bestimmte Märkte bestimmt sein, was zu Problemen bei Kompatibilität und Funktionsumfang, erhöhten Ausfallraten und ungeplanten Wartungskosten führt.
Herausforderungen bei Garantie und Support
Die Hersteller übernehmen in der Regel keine Garantien für Graumarktprodukte. Ohne Support kann es zu Problemen bei Wartung und Service kommen, wenn die Bauteile nicht funktionieren. Einkaufsexperten müssen möglicherweise mit Verzögerungen und zusätzlichen Kosten beim Einkauf von Ersatzteilen oder der Inanspruchnahme von technischem Support rechnen.
Sicherheitsrisiken
Graumarkt-Elektronik erhält nicht nur keinen Service und keine Wartung, sondern möglicherweise auch nicht die regelmäßigen Updates und Patches, die die Hersteller bereitstellen. Dies macht sie anfällig für Cyber-Bedrohungen wie Malware und Ransomware. Das Fehlen von sicheren Software-Updates kann dazu führen, dass Netzwerke für Datenschutzverletzungen und andere Sicherheitsvorfälle anfällig sind.
Rufschädigung
Wenn Sie sich mit nicht autorisierten Anbietern einlassen, kann dies den Ruf Ihres Unternehmens schädigen. Es zeigt der Branche, dass Sie sich nicht für Qualität und ethische Praktiken einsetzen.
Erkennen von Graumarktprodukten
Woher wissen Sie aber, ob Ihre Bauteile vom Graumarkt stammen? Es gibt einige Anhaltspunkte.
Preisüberprüfung
Wenn ein Preis deutlich unter dem Marktdurchschnitt liegt, sollten Sie misstrauisch sein. Ungewöhnlich niedrige Preise können darauf hindeuten, dass die Produkte aus Graumarkt-Kanälen bezogen werden. Wenn Sie eine solche Diskrepanz feststellen, sollten Sie die Legitimität der Produkte überprüfen.
Verpackung und Dokumentation
Überprüfen Sie die Verpackung bei Erhalt auf etwaige Begleitdokumente sowie auf Unstimmigkeiten oder Anzeichen von Manipulationen. Graumarktprodukte werden mitunter in nicht standardmäßigen Verpackungen oder ohne Dokumentation wie Benutzerhandbücher und Garantiekarten geliefert, die von autorisierten Händlern typischerweise mitgeliefert werden.
Lieferantenüberprüfung und -beziehungen
Bevor Sie Elektronik kaufen, sollten Sie die Lieferanten überprüfen. Vergewissern Sie sich, dass der Hersteller dem Lieferanten die Genehmigung erteilt hat, seine Produkte zu vertreiben. Überprüfen Sie die Referenzen des Lieferanten, um festzustellen, ob es in der Vergangenheit Probleme mit der Echtheit oder dem Graumarkt gegeben hat. Bauen Sie von Anfang an eine vertrauenswürdige Beziehung auf.
Festlegung klarer Einkaufsrichtlinien und Schulungen
Der beste Weg, um sicherzustellen, dass Graumarkt-Bauteile keine Bedrohung darstellen, besteht vielleicht darin, eine interne Einkaufsrichtlinie zu erlassen, die alle Einkaufsmanager dazu verpflichtet, Komponenten ausschließlich von einer Liste vorab genehmigter, autorisierter Händler zu beziehen. Eine solche Richtlinie kann spezifische Verfahren zur Überprüfung der Echtheit kritischer Komponenten beinhalten, wie z. B. die Forderung nach Konformitätszertifikaten und Rückverfolgbarkeitsaufzeichnungen. Außerdem können regelmäßige Audits durchgeführt werden, um die Einhaltung dieser Richtlinien zu gewährleisten.
Ihr Unternehmen kann auch eine jährliche Schulung für das Einkaufsteam durchführen, um sich mit den neuesten Trends und Graumarkt-Taktiken vertraut zu machen.
Die Umsetzung dieser Strategien kann dazu beitragen, die mit Graumarkt-Elektronik verbundenen Risiken zu mindern, indem sichergestellt wird, dass die Einkaufsexperten gut informiert sind.