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Schnittstellen-Design im Automotive-Bereich für unterschiedliche Nutzer

 (Quelle: Syda Productions/ stock.adobe.com)

Fahrzeuge haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten bemerkenswert entwickelt und bieten immer neue Merkmale und Funktionen. Der stetige Wandel hat zur Entwicklung des digitalen, modernen Fahrzeugs geführt, das inzwischen zu einer eigenen, umfangreichen Software-Plattform geworden ist. Diese digitalisierten Fahrzeuge stellen eine Herausforderung in Bezug auf die Benutzerfreundlichkeit dar, denn die Komplexität eines Produkts schränkt oft seine Benutzerfreundlichkeit ein. Daher sind die Entwickler von Mensch-Maschine-Schnittstellen (Human Machine Interfaces, HMIs) mehr denn je auf das Feedback der Benutzer angewiesen, um erfolgreiche Designs zu entwickeln.

Jedes einzelne Element, das ein Benutzer bzw. Fahrer bei der Interaktion mit einem Fahrzeug sieht, berührt oder hört – vom Türaußengriff bis hin zum Touchscreen am Armaturenbrett – ist ein sorgfältig ausgearbeiteter Bestandteil des HMI-Designs des Fahrzeugs. Diese Schnittstellen müssen für die unterschiedlichsten Nutzer geeignet sein, eine sichere Nutzung mit minimaler Ablenkung gewährleisten und sich an die Erwartungen der Nutzer weltweit anpassen. Da sich die Technologie weiterentwickelt, stellt das Design von Schnittstellen für Fahrzeuge immer wieder neue Herausforderungen dar, zumal es sich um eines der komplexesten Produkte für Endverbraucher handelt.

Designs für eine breite Benutzergruppe


Die Herstellung eines ansprechenden Fahrzeugs mit intuitiven Schnittstellen beginnt mit der Einbeziehung der Benutzer. Schon in den frühesten Entwicklungsphasen müssen Entwickler die Anforderungen der Nutzer erkennen. Insbesondere im Automotive-Bereich ist dies eine große Herausforderung. Im Gegensatz zu Branchen wie der Entwicklung medizinischer Produkte, die oft einen bestimmten Nutzer haben, wie beispielsweise einen hochqualifizierten Chirurgen, der ein robotergestütztes Chirurgiesystem bedient, ist die Nutzergruppe im Automotive-Bereich extrem breit gefächert und umfasst praktisch jeden, der einen Führerschein besitzt. Am einen Ende des Spektrums steht der Fahranfänger, vielleicht ein Teenager, der zum ersten Mal Auto fährt und für den alles neu ist. Am anderen Ende des Spektrums steht der erfahrene Fahrer, der über jahrzehntelange Fahrpraxis und tief verwurzelte Vorstellungen von der Bedienung des Fahrzeugs verfügt.

Deshalb müssen Entwickler und Forscher ihre Konzepte und Prototypen häufig einem großen Spektrum von Nutzern vorstellen und Ideen in Workshops diskutieren. Diese Feedbackschleife findet während des gesamten Entwicklungszyklus in verschiedenen Varianten statt:

  • Frühzeitige formative Forschung: Noch vor dem ersten Strich auf dem Papier, wenn das „Fahrzeug der nächsten Generation“ lediglich eine Idee ist, setzen sich die Entwickler mit den Verbrauchern auseinander, um deren Bedürfnisse, Ziele, Beweggründe und den Kontext zu verstehen, in dem das Fahrzeug eingesetzt werden soll.
  • Kontextbezogene Untersuchung: Die Entwickler begleiten die Nutzer in ihren aktuellen Fahrzeugen und beobachten, wie sie bestimmte Aufgaben bewältigen. Dabei achten sie auf Problembereiche, in denen die Benutzerfreundlichkeit verbessert oder ein neues Merkmal oder eine neue Technologie eingeführt werden kann.
  •  Modalitäten für Prototyping: Durch die Präsentation von Prototypen – von Zeichnungen auf Schmierpapier bis hin zu statischen oder fahrbaren Modellen – gewinnen Entwickler wertvolle Erkenntnisse über die Wirksamkeit und Benutzerfreundlichkeit der vorgeschlagenen Schnittstellen-Konzepte.

In der Vergangenheit wurde die Verbraucherforschung unterschätzt und kaum in den Design-Prozess integriert, was zu einem mangelnden Verständnis der Bedürfnisse der Nutzer führte. Dies hatte zur Folge, dass Unternehmen häufig feststellen mussten, dass sie ein unbeliebtes Merkmal oder eine unwirksame Schnittstelle entwickelt hatten, was späte und kostspielige Änderungen erforderlich machte. Die rechtzeitige Berücksichtigung von Feedback hilft den Entwicklern, ein Produkt mit nahtlosen Schnittstellen zu entwickeln, das gut bei den Benutzern ankommt.

Schnittstellen-Technologien im Automotive-Bereich


Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Entwicklung von Automotive-Schnittstellen ist die Tatsache, dass die Interaktion mit der Schnittstelle eine „sekundäre Aufgabe“ gegenüber dem Fahren oder Parken darstellt. Während bei Geräten wie Telefonen oder Computern typischerweise die volle Aufmerksamkeit des Nutzers gebunden ist, müssen die Schnittstellen im Automotive-Bereich nur kurz und manchmal blind bedient werden, während sich der Fahrer auf die Straße konzentriert. Entwickler können bei ihren Designs für Schnittstellen viele Technologien nutzen, die einen schnellen und einfachen Zugriff auf Features und Funktionen ermöglichen.

Wie in vielen anderen Branchen auch, geht der Trend im Automotive-Bereich in Richtung digitaler Schnittstellen. Für die Hersteller ist es attraktiv, sperrige Hardware durch ausgefeilte Software zu ersetzen, da dies kostengünstiger ist. Im Gegensatz dazu bevorzugen die Benutzer jedoch den Komfort und die blinde Nutzung physischer Berührungspunkte, wie beispielsweise Tasten für Audio- und Klimaanlagen, Schalthebel und Lenkradsteuerungen.

Entwickler schaffen einen Ausgleich zwischen den Anforderungen beider Gruppen, indem sie smarte Automatisierung einsetzen, um die Fahrzeugintelligenz zu verbessern und die Anzahl der physischen Bedienelemente zu reduzieren. So sind heute fast alle Fahrzeuge mit Sensoren ausgestattet, die schlechte Lichtverhältnisse erkennen und die Scheinwerfer automatisch einschalten. Andere Fahrzeuge schalten die Scheinwerfer sofort beim Starten des Fahrzeugs ein.

Die Automatisierung wird sogar in das Fahren selbst integriert, wie zum Beispiel die Funktion „Hands-Free-Driving“ zeigt. Um die Aufmerksamkeit des Fahrers bei der Nutzung dieser Funktion zu fördern, überwachen Kamera- und Infrarotsensoren, die im gesamten Innenraum angebracht sind, den Blick des Fahrers. Zusätzliche kapazitive oder resistive Sensoren sind in das Lenkrad integriert und überprüfen, ob der Fahrer die Hände am Lenkrad hat. Wenn der Fahrer unkonzentriert zu sein scheint, kann das System zur Überwachung des Fahrerzustands den Fahrer warnen oder die Funktion „Hands-Free-Driving“ deaktivieren.

Durch die Integration von HMI-Technologien wie digitalen Schnittstellen, physischen Bedienelementen und Automatisierung in Fahrzeuge können Nutzer während der Fahrt bequem und sicher mit den Fahrzeugsystemen interagieren.

Globale Designüberlegungen


Der globale Markt ist ein zusätzlicher Aspekt bei der Entwicklung von HMI im Automotive-Bereich. Entwickler müssen die verschiedenen Nutzer und Kontexte berücksichtigen, in denen Verbraucher weltweit mit ihren Fahrzeugen interagieren. So ist beispielsweise der Kauf eines Fahrzeugs in China oft eine Entscheidung der gesamten Familie, an der drei Generationen beteiligt sind – Kinder, Eltern und Großeltern. Während der Schwerpunkt des Designs der HMI für Nutzer in den Vereinigten Staaten auf der Schnittstelle zum Fahrer liegt, ist das HMI-Design für Nutzer in China umfassender und beinhaltet steuerbare Features und Funktionen für die Positionen auf dem Beifahrer- und Rücksitz. Ein Beispiel: Ein einziges, langgestrecktes Display auf dem Armaturenbrett könnte nahtlos vom reinen Funktionsumfang für den Fahrer in den Funktionsumfang für den Beifahrer übergehen und Technologien zur Steuerung der persönlichen Einstellungen dieser Person und der Mitfahrer auf den Rücksitzen enthalten. 

Die Entwickler müssen auch berücksichtigen, wie sich die Fahrbedingungen von Ort zu Ort unterscheiden. Eine Großstadt mit Staus, Ampeln, Motorrädern und Fußgängern ist eine komplexere Fahrumgebung als eine Vorstadt mit ruhigeren Straßen. Bei so viel visuellem Lärm, der sich bereits vor dem Fahrer befindet, müssen Entwickler die zusätzliche Ablenkung durch Features wie ein Heads-up-Display berücksichtigen, das in die Sichtlinie des Fahrers hineinragt.

Außerdem müssen die Entwickler von Schnittstellen die lokalen Normen und Erwartungen berücksichtigen. So erwarten Nutzer in China häufig, dass die Touchscreens in Fahrzeugen Zugriff auf viele der Apps bieten, die auch auf ihren Handys verfügbar sind. Insgesamt verlangen Fahrzeuge, die für Nutzer auf der ganzen Welt konzipiert sind, Schnittstellen, die unter Berücksichtigung kultureller und geografischer Aspekte entwickelt werden.

Fazit


Mit der Entwicklung einer vernetzten Architektur in der Automotive-Branche können Entwickler umfassendere Systeme entwickeln, bei denen die Funktionen miteinander kommunizieren und bei denen der Benutzer nicht mehr einzelne Module separat verwalten muss. Durch die Einbeziehung der Kundenwünsche während des gesamten Prozesses können Entwickler die notwendige Balance zwischen digitalen Schnittstellen, physischen Berührungspunkten und vorausschauender Automatisierung schaffen, die für ein erfolgreiches Produkt erforderlich ist. Gleichzeitig müssen die Entwickler die Schnittstellen so gestalten, dass sie an die unterschiedlichen Anforderungen eines weltweiten Publikums angepasst werden können. Fahrzeugschnittstellen, die diese Eigenschaften mitbringen, sind der Schlüssel zu einem Fahrzeug, in das sich Kunden verlieben können.