Demokratisierung der Automatisierung mit RPA und KI
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Die robotergestützte Prozessautomatisierung (RPA) ist eine Softwaretechnologie, die den Einsatz und die Verwaltung von Robotern vereinfacht. RPA wird manchmal auch als No-Code- oder Low-Code-Automatisierung bezeichnet. Sie wurde entwickelt, um Benutzern und Betreibern die Möglichkeit zu geben, Roboterapplikationen und -prozesse direkt zu entwickeln und zu nutzen, ohne auf die Hilfe von Softwareingenieuren angewiesen zu sein. Die neuen RPA-Tools demokratisieren nicht nur die Entwicklung von Roboterplattformen, sondern lassen sich auch leichter auf das gesamte Unternehmen übertragen.
RPA besteht aus zwei Bereichen. Ursprünglich wurde RPA zur Entwicklung von Softwarerobotern eingesetzt, die menschliche Handlungen bei der Interaktion mit digitalen Systemen und Software nachahmen. Viele Branchen nutzen diese Software-Bots aktuell in den Bereichen Finanzen, Compliance, Recht, Kundenservice, Betrieb und mehr. In jüngster Zeit wurde RPA auf das Training und den Einsatz von kollaborativen Robotern (Cobots) in Fabriken und Lagern ausgeweitet.
Mithilfe der RPA kann ein Unternehmen seinen gesamten Arbeitsablauf, seine Infrastruktur, seine Backend-Prozesse und sogar seine Produktions-, Logistik- und Lagerprozesse automatisieren (Abbildung 1). Durch die Kombination der RPA mit künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) entsteht eine intelligente Prozessautomatisierung (IPA), die die Vorteile noch verstärken kann. So kann ein Betreiber durch RPA beispielsweise einen Software-Bot oder Cobot für eine bestimmte Aufgabe einrichten. Anschließend können KI und ML die Leistung im Laufe der Zeit optimieren.
Abbildung 1: RPA kann die Backend-Büroautomatisierung sowie Fertigungs-, Logistik- und Lagertätigkeiten unterstützen. (Quelle: Mari Kova/Shutterstock)
Die Dringlichkeit und der Bedarf an Automatisierungstechnologien, wie RPA, KI, ML und IPA, sind heute größer denn je. Die Automatisierung erfordert häufig eine umfangreiche menschliche Beteiligung und Unterstützung. Die Demokratisierung der Automatisierung gibt Unternehmen die notwendigen Tools an die Hand, um alltägliche Aufgaben zu automatisieren und technikferne Benutzer zu befähigen. Jeder neue Ansatz bringt jedoch Herausforderungen mit sich – so auch bei der Demokratisierung der Automatisierung. Durch die Entwicklung und Befolgung eines systematischen Rahmens können Unternehmen solche komplexen Vorgänge mit Leichtigkeit angehen. Im Folgenden geht es um den Einsatz von Softwarerobotern zur Automatisierung digitaler Systeme. Anschließend wird erörtert, wie RPA den Einsatz von Cobots optimieren kann. Abschließend werden die üblichen Herausforderungen bei der Implementierung von RPA beleuchtet und mögliche Lösungen vorgestellt.
Was ist ein Software-Bot?
Ein Software-Bot erledigt eine oder mehrere Aufgaben, die zuvor von Menschen ausgeführt wurden. Mit RPA-Tools können einzelne Benutzer Software-Bots mithilfe von Formularen, Drag-and-Drop und ähnlichen Schnittstellen erstellen, ohne dass eine Programmierung erforderlich ist. Vor COVID-19 konzentrierten sich die meisten RPA-Projekte auf die Automatisierung von Routineaufgaben wie die Erstellung von Standardberichten, die Anmeldung bei Websites, die Überprüfung von Formularen auf Vollständigkeit und die Übertragung von Dateien (Abbildung 2). Webcrawler sind ein Beispiel für frühe Software-Bots. RPA kann nun umsatzsteigernde und kundenorientierte Prozesse automatisieren.
Abbildung 2: RPA wurde zunächst zur Automatisierung verschiedener Back-Office-Tätigkeiten eingesetzt, die von der Überprüfung von Formularen auf Vollständigkeit bis zur Erstellung von Standardberichten reichten. (Quelle: Shutterstock)
RPA-Software-Bots sind regelbasiert und nicht lernfähig. Da Software-Bots mühsame und sich wiederholende Aufgaben schneller und effizienter erledigen, haben Menschen mehr Zeit für kreative und analytische Tätigkeiten. Eine der Herausforderungen beim Einsatz von RPA in einem Unternehmen besteht darin, herauszufinden, welche Aufgaben oder Prozesse die beste Rentabilität (Return on Investment, ROI) bieten. An dieser Stelle können Process Mining und Process Discovery zum Einsatz kommen.
Process Mining vs. Process Discovery
Process Mining und Process Discovery werden beide mithilfe spezieller Software-Bots umgesetzt. Process-Mining-Bots lesen Ereignisprotokolle in Computernetzwerken, um Informationen über Geschäftsprozesse zu extrahieren und abzubilden. Process Mining ignoriert Aktivitäten auf Benutzerebene und kann nicht alle Nuancen der Benutzerinteraktionen erfassen. Process Mining beinhaltet die Extraktion von Daten, aber keine Analyse. Es wird oft in Kombination mit der sogenannten Process Discovery eingesetzt.
Bei der Process Discovery handelt es sich um eine neuere Technologie, die entwickelt wurde, um auf den Computern einzelner Benutzer zu laufen und Aktivitäten zu überwachen, indem Daten darüber gesammelt werden, wie die Benutzer bestimmte Aufgaben ausführen. Bei der Process Discovery geht es darum, wie bestimmte Prozesse ausgeführt werden. Die Process-Discovery-Bots zeichnen die menschliche Arbeit auf und verwenden Computer Vision, neuronale Netze und KI/ML, um ein Metamodell zu erstellen. Metamodelle bieten eine schnelle, zuverlässige und kosteneffiziente Möglichkeit, um Prozesse zu identifizieren, die für RPA am besten geeignet sind. Bei der Process Discovery werden Nuancen beobachtet und erfasst, die bei traditionellen Methoden der Mitarbeiterbeobachtung, um zu verstehen, wie Aufgaben ausgeführt werden, leicht übersehen werden könnten. Der Einsatz von Process Mining und Process Discovery erhöht auch die Transparenz und kann die Privatsphäre schützen und persönliche Voreingenommenheit beseitigen.
Cobots und RPA
RPA wird zusammen mit Cobots eingesetzt, um Prozesse in Fabriken und Lagern mit kleinen Losgrößen und/oder häufigen Werkzeugwechseln zu automatisieren. Wie bei Software-Bots kann der Einsatz von RPA mit Cobots zeitaufwendige, monotone und unangenehme Prozessschritte eliminieren und die Produktivität verbessern. RPA kann den Einsatz eines einzigen Cobots für eine Reihe von Prozessen ermöglichen, was die Kosteneffizienz des Einsatzes von Cobots erhöht, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen.
Darüber hinaus sind Cobots oft klein und leicht und lassen sich leicht durch die Anlage bewegen. Dank RPA können sie leicht umprogrammiert und neu eingesetzt werden. Beispiele für Cobot-Aufgaben, die sich für RPA eignen, sind:
• Bestückung kann verschiedene Tätigkeiten abdecken, von der Beladung von Maschinen wie Schweißautomaten bis zur Verpackung und Palettierung in Lager- und Logistikbetrieben. Cobots können auch präzisere Bewegungen ausführen und im Vergleich zum Menschen mehr Gewicht tragen.
• Endbearbeitungsprozess-Aktivitäten sind in der Regel sich wiederholende Aufgaben. Viele Endbearbeitungsprozesse erfordern große Kraftanstrengungen, die Cobots konstant und ermüdungsfrei leisten können. Cobots können bei Bedarf auch feinmotorische Bewegungen ausführen.
• Qualitätskontrollen und Inspektionen können mit Cobots unter Verwendung hochauflösender Kameras durchgeführt werden. Die Bilder können mit Referenzbildern oder mit computergenerierten Modellen von Idealteilen verglichen werden. Mit RPA können diese Cobots einfach und häufig umprogrammiert werden, was selbst bei kleinen Chargen ein hohes Qualitätsniveau gewährleistet.
Bei der Programmierung von Cobots gibt es zwei primäre RPA-Ansätze. Einige Hersteller von Cobots haben eine integrierte RPA-Unterstützung und No-Code-Entwicklungsschnittstellen entwickelt. In anderen Fällen entwickeln spezialisierte Unternehmen Suiten von No-Code- und Low-Code-Entwicklungsumgebungen, die mit Cobots von verschiedenen Roboterherstellern verwendet werden können. Darüber hinaus hat sich eine Open-Source-RPA-Community gebildet.
Die Programmierung von Cobots mithilfe von RPA-Tools wird auf verschiedene Weise implementiert, z. B. (Abbildung 3):
• Physische Bewegung des Roboterarms/der Roboterarme von einer Position zur anderen, um das Programm zu erstellen.
• Verwendung eines Stiftes, um den Weg des Roboterarms/der Roboterarme zu verfolgen und Maßnahmen zu identifizieren, die an bestimmten Stellen ausgeführt werden müssen.
• Intuitive grafische Benutzeroberflächen (GBOs) mit Drag-and-Drop- oder Point-and-Click-Funktionen.
Abbildung 3: Die Programmierung von Cobots mit RPA-Tools kann mit einem Stift erfolgen, um den Pfad zu zeichnen, dem der Roboter folgen soll, oder durch physisches Bewegen des Roboterarms von einer Position zur nächsten sowie mit grafischen Benutzeroberflächen. (Quelle: Shutterstock)
Die Stärke von RPA kann eine Schwäche sein
Die Automatisierung zu demokratisieren ist die Stärke von RPA. RPA eignet sich gut für die Entwicklung von Software-Bots zur Automatisierung von regelbasierten Routineaufgaben. Sie eignet sich jedoch nicht für die Unterstützung von Prozessen, die sich an Veränderungen anpassen müssen, oder für die Schaffung agiler Umgebungen. Unternehmen müssen klare Ziele und Anforderungen für den Einsatz von RPA formulieren. So eignet sich RPA beispielsweise nicht unbedingt für Applikationen:
• die nur minimale operative Auswirkungen haben
• mit Prozessen, die sich häufig ändern
• mit Aktivitäten oder Prozessen, die nicht vollständig regelbasiert sein können
• die komplexe Prozesse mit mehreren untergeordneten Prozessen erfordern
• die kognitive Handlungen und häufiges Eingreifen erfordern
RPA ist kein Allheilmittel. Wenn sie ohne klare Ziele und eine zentrale Koordinierung eingesetzt wird, kann sie zu isolierten Automatisierungsinseln führen, die von verschiedenen Gruppen entwickelt und zu einer Schwachstelle werden. Die Existenz von Automatisierungsinseln kann die Skalierbarkeit einschränken und die langfristige Rentabilität von RPA-Projekten beeinträchtigen.
Das Fehlen einer branchenweiten RPA-Standardisierung ist ein weiterer Faktor, der zur Entstehung von Automatisierungsinseln führen kann. Jedes Unternehmen sollte eine umfassende RPA-Strategie und einen Implementierungsprozess entwickeln. Herkömmliche RPA-Implementierungen zur Ausführung von Routineaufgaben können sich nur auf die Leistung dieser begrenzten Aufgaben auswirken und können, wie oben beschrieben, unter anderen Leistungseinbußen leiden. RPA-Implementierungen können oft von der Integration in das größere Unternehmen durch den Einsatz von KI und ML profitieren.
IPA als Retter in der Not
RPA entwickelt sich weiter und gewinnt an Bedeutung. Durch den Einsatz von KI und ML in RPA-Implementierungen entstehen IPA-Bots, die menschliche Bediener unterstützen können. Zusätzlich zur Ausführung einfacher regelbasierter Aufgaben können sich IPA-Software-Bots anpassen, lernen und/oder unbeaufsichtigt agieren. IPA-Software-Bots können eine zentralisierte Koordination und die Beseitigung von Automatisierungsinseln ermöglichen.
Einfache RPA-Software-Bots führen klar definierte Aufgaben effizient aus, während IPA-Bots im Laufe der Zeit lernen können, eine Aufgabe besser auszuführen bzw. zu erledigen. Der Einsatz von IPA-Bots kann die RPA-Fähigkeiten auf Aufgaben ausweiten, die von einem gewissen Maß an kognitiven Fähigkeiten profitieren, wie z. B. die Bearbeitung von Ausnahmen, die Verarbeitung natürlicher Sprache und die Extraktion unstrukturierter Inhalte. Es wird erwartet, dass IPA für die weitere Ausbreitung von RPA in größeren Teilen der Unternehmen von wesentlicher Bedeutung sein wird. IPA-Software-Bots werden Prozessabläufe verbessern und komplexe Aufgaben übernehmen, die nicht vollständig innerhalb eines regelbasierten Rahmens definiert werden können. IPA-Bots werden genauso einfach zu programmieren sein und dabei die Vorteile der Demokratisierung der Automatisierung beibehalten.
Fazit
RPA soll die Automatisierung demokratisieren, indem sie Benutzern und Betreibern ermöglicht, Roboterapplikationen und -prozesse direkt zu entwickeln und zu nutzen, ohne auf die Hilfe von Softwareingenieuren angewiesen zu sein. Sie kann zur Automatisierung von Back-Office-Aktivitäten sowie von Fertigungs-, Lager- und Logistikprozessen eingesetzt werden. Um den ROI zu maximieren und die Skalierbarkeit zu gewährleisten, benötigen RPA-Implementierungen ein gewisses Maß an zentraler Übersicht und Kontrolle. Durch die Erweiterung der RPA um KI- und ML-Funktionen wird die RPA zu einer leistungsfähigeren, flexibleren und skalierbareren IPA-Technologie.