5G bietet nicht nur Vorteile für Verbraucher – auch das IoT profitiert davon
Der Mobilfunk hat einen Entwicklungsprozess durchlaufen, der von „Generationen“ gekennzeichnet ist. Der interessante Werdegang der mobilen Kommunikation begann mit dem nachträglich als „0G“ bezeichneten Standard, einer Analogtechnik, die dem Konzept des Funkstandards vorausging.
Mit der Analog-/Digitaltechnologie der späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre kamen die Dinge dann ins Rollen. Der 1G-Standard basierte auf zellularen Mobilfunknetzen, die für Anrufe den Analogfunk, für den Backhaul jedoch digitale Systeme verwendeten. Anfang der 1990er-Jahre kam 2G als erste volldigitale Mobilfunktechnik auf den Markt. Noch vor der Jahrtausendwende kam der 3G-Standard, der auf den Verbesserungen von 2,5G und 2,75G aufbaute. Er ermöglichte einen höheren Datendurchsatz und unterstützte damit das Aufkommen der Smartphones. Mit der Weiterentwicklung von 3G wurde die Geschwindigkeit so weit erhöht, dass nun mobiles Internet und Videostreaming möglich waren.
4G basiert auf dem Mobilfunkstandard Long Term Evolution (LTE) und wurde 2009 in Skandinavien eingeführt. Seitdem ist 4G in weiten Teilen der Welt im Einsatz und stellt den Mobilfunkstandard dar, mit dem wir heute am besten vertraut sind. Er bietet einen maximalen Datendurchsatz von 100 MBit/s (verglichen mit etwa 15 MBit/s bei 3G) und kann hochauflösende Videos, Online-Spiele und Videokonferenzen unterstützen.
Die nächste Generation, 5G, wurde im Jahr 2016 eingeführt, und 5G-Netze werden derzeit ausgebaut. 5G verspricht eine unglaubliche Höchstgeschwindigkeit von 32 GBit/s (Downlink) und 13,6 GBit/s (Uplink). Sobald der Standard vollständig eingeführt ist, wird er mit Blick auf die Internetunterstützung direkt mit Glasfaserkabellösungen konkurrieren können. Im Vergleich zu 4G bietet die Technologie außerdem geringere Latenzzeiten, eine bessere Abdeckung und eine höhere spektrale Effizienz.
5G ist also wie 4G – nur ein bisschen umfangreicher und besser. Doch das ist noch lange nicht alles, denn 5G führt auch viele neue Technologien ein. Für Nutzer von Zoom, Netflix und TikTok bieten diese zwar kaum Vorteile, doch für das Wachstum des IoT werden sie sich als entscheidend erweisen.
New Radio ist da!
Das 3GPP, eine Kooperation von sieben Organisationen zur Entwicklung von Telekommunikationsstandards, hat dafür gesorgt, dass 5G nicht nur für anspruchsvolle Verbraucher, sondern auch für die zukünftigen Anforderungen von Unternehmen und des IoT entwickelt wird. Ingenieure haben hinter den Kulissen systematisch ein Dokument verfasst, das die Spezifikationen der International Mobile Telecommunications (IMT)-2020 beschreibt. Als Heilige Schrift des 5G-Standards beschreibt der IMT-2020 detailliert, wie 5G aufgebaut sein wird und wie der Standard die hohen Anforderungen von Verbrauchern und der Industrie erfüllen soll. Die Spezifikationen umfassen: eine anfängliche Spitzendatenrate von 20 GBit/s, eine typische Nutzerdatenrate von 100 MBit/s, eine Latenzzeit von einer Millisekunde, eine Vekehrskapazität (Area Traffic Capacity) von 10 MBit/s/m2 und eine Anschlussdichte von einer Million Geräten pro Quadratkilometer.
Diese Vorgaben zeigen deutlich, dass das 5G-Netz für eine Kombination aus Hochgeschwindigkeit (für Verbraucher- und gewerbliche Anwendungen) und hoher Gerätedichte (für das IoT) aufgebaut wird. 4G ist stärker verbraucherorientiert, auch wenn entsprechend angepasste Netze zellulare IoT-Technologie wie NB-IoT und LTE-M unterstützen können. Das Ausmaß der Herausforderung für 5G wird deutlich, wenn man zum Beispiel die herkömmliche Gerätedichte betrachtet. Tokio hat eine durchschnittliche Bevölkerungsdichte von mehr als 6.000 Menschen pro Quadratkilometer, und die meisten von ihnen besitzen mindestens ein Mobilgerät. Wenn sie alle auf das Internet zugreifen wollten, könnte das lokale Netz das noch verkraften. Das ist eine beeindruckende Leistung, liegt aber dennoch um zwei Größenordnungen unter der geplanten Gerätedichte des 5G-Netzes.
Einen Hinweis darauf, wie 5G den zweifachen Anforderungen von Verbrauchern und des IoT gerecht werden wird, geben die Details des IMT-2020. Das Dokument beschreibt zwei Elemente: die 5G-LTE-Technologie für herkömmliche Nutzer und New Radio (NR) für andere Anwendungsfälle, einschließlich der spezifischen Anforderungen des IoT. Ingenieure bezeichnen diese Elemente als „Funkschnittstellen-Technologien“ (RIT).
Zusammen erfüllen LTE und NR-RIT alle technischen Leistungsanforderungen für die fünf voraussichtlichen Anwendungsfälle:
- Hotspot im Innenbereich (mit erweitertem mobilem Breitband, eMBB)
- dichtes Stadtgebiet (eMBB)
- ländlicher Raum (eMBB)
- urbaner Makrobereich (Ultra Reliable Low Latency Communication, URLLC)
- urbaner Makrobereich (Massive Machine Type Communication, mMTC).
Die beiden letzten Anwendungsfälle, URLLC und mMTC (zugehörig), unterstützen in erster Linie das IoT.
LTE und NR nutzen Frequenzbänder unterhalb von 7,125 GHz, die für die IMT-Nutzung vorgesehen sind. NR kann jedoch auch die IMT-Frequenzbänder oberhalb von 24,25 GHz nutzen. Die sogenannten oberen Mittelbänder oder Mid-Bands (3,3 bis 7,125 GHz) sind die wichtigste 5G-Ressource. Sie bieten einen ausreichenden Durchsatz und eine genügende Reichweite für Verbraucher und die gewerbliche Nutzung. Die hohen Bänder (High-Bands) über 24 GHz unterstützen sowohl eine hohe Gerätedichte als auch einen extrem hohen Durchsatz.
5G – aber anders, als wir es kennen
Wie sich zeigt, muss 5G nicht einmal eine Mobilfunktechnologie sein. In den Tiefen des IMT-2020-Dokuments ist ein Verweis auf den „ersten nicht-mobilfunkbasierten 5G-Standard“ zu finden: DECT-2020 NR. Dieser Standard macht einen großen Unterschied, denn er bietet Unterstützung für eine Million Geräte pro Quadratkilometer. Obwohl es sich nicht um eine reine Mobilfunktechnologie handelt, wurden dabei viele Technologien von Mobilfunksystemen übernommen.
DECT-2020 NR ist eine interessante Technologie, die zeigt, wie umfassend IMT-2020 den Anwendungsbereich von 5G festlegt. Sie nutzt das globale und – was für den 5G-Betrieb ungewöhnlich ist – lizenzfreie 1,9-MHz-Band. DECT-2020 NR wird mMTC in drahtlosen Mesh- und anderen Netzwerken unterstützen. Diese Netzwerke unterstützen in der Regel IoT-Anwendungen mit sehr hoher Einsatzdichte und hohen Anforderungen an Zuverlässigkeit und niedrige Latenzzeiten, wie etwa Tausende von kompakten Sensoren/Aktoren in Applikationen der Industrieautomatisierung.
Im Vergleich zu anderen für mMTC verwendeten drahtlosen IoT-Technologien kann sich DECT-2020 NR sehen lassen. Bei der Unterstützung der Knotendichte bis zu ihrer maximalen Kapazität bietet die Technologie beispielsweise beim Durchsatz eine Spitzenleistung von 100 kbit/s bei einer Latenzzeit von unter 10 ms. Das ist für typische IoT-Anwendungen ideal.
5G ist die erste Generation zellularer (und einiger weniger nicht zellularer) Mobilfunktechnologien, die von Anfang an dafür konzipiert war, nicht nur den klassischen Mobilfunk, sondern auch die aufstrebenden Drahtlostechnologien wie das IoT zu unterstützen. 6G ist bereits in Vorbereitung und soll, vielleicht wenig überraschend, deutlich schneller sein als 5G. Geplant ist die Nutzung von Frequenzen zwischen 100 GHz und 3 THz. Die Unterstützung wird sich von Verbrauchern und dem IoT hin zu neuen Bereichen wie KI und vollständig immersiver VR erstrecken. Vor dem Hintergrund der Einführung neuer Mobilfunkgenerationen im Zehnjahresrhythmus ist damit zu rechnen, dass 6G-fähige Smartphones im Jahr 2030 im Handel zu finden sein werden.
Bildunterschrift
5G wird nicht nur den Mobilfunk verbessern, sondern mit Technologien wie DECT-2020 NR auch das IoT vorantreiben. (Quelle: Getty)